„Weil er immer noch Hilfe braucht“ - Ableismus in der Kita
1. Was waren die zentralen Aussagen des Workshops?
A. Was ist eigentlich normal? Norm und Abweichung in der Kita
„Ableismus ist ein System nichtbehinderter Nomalität, das wir alle verinnerlicht haben.“ (Rebecca Maskos, 2023)
Ableismus bescheibt eine Diskriminierungsform, bei der es um körperliche und kognitive Fähigkeiten geht. Mit dem Begriff Ableismus wird kritisiert, dass es bestimmte Erwartungen und Normen gibt, mit denen sich alle Menschen mit dem gleichen Maßstab vergleichen lassen können. Wer als weniger fähig eingestuft wird, dem wird von „fähigeren Personen“ die Handlungsfähigkeit abgesprochen. Das bedeutet, dass diese Menschen ein weniger selbstbestimmes Leben führen können, weil sie von anderen als handlungsUNfähig betrachtet und behandelt werden.
Auch Kitakinder unterliegen diesen Anforderungskatalog, was sie, entsprechend ihrem Alters, alles können sollten. Die Erwartungen beziehen sich auf eine konstruierte altersbezogene Entwicklungsnorm. Kinder die nicht in dieses Raster passen, weichen von der Norm ab. Sie werden dadurch als anders und nicht normal markiert; diese Verhaltensweise wird als Othering bezeichnet.
Es wird eine Übung durchgeführt, bei welcher der Anforderungskatalog an die Kinder sichtbar wird.
B. Strukturen und Praktiken in der Kita
Kinder werden durch das „Othering“ als anders und nicht normal gemacht. Um diese Kinder in die Entwicklungsnorm zu integrieren, gibt es die Möglichkeit, Hilfen anzufordern. Diese Hilfen sollen die als hilfebedürftig eingestuften Kinder darin unterstützen, ihren Alltag zu bewältigen, der sich an der Norm orientiert. Die Hilfe bezieht sich auf ein vermeintliches Defizit des Kindes – einem Entwicklungsrückstand. Die Ursache des
Defizits und der Normabweichung wird allein auf das Kind übertragen. Es suggeriert, dass das Kind an der eigenen Unzulänglichkeit verantwortlich ist, sei es an den kognitiven oder körperlichen Fähigkeiten, und nicht die Strukturen an sich, welche das Kind als defizitär kategorisieren, betrachten und behandeln.
Kinder merken, dass sie als nicht normal eingestuft werden, und müssen durch die Hilfe normal(er) werden.
Ein strukturelles Problem sind z.B. die Unterscheidungspraktiken, bezüglich der kategorialen Zuordnung der Kitagruppen zwischen „großen“ und „kleinen“ Kitakindern. Es entsteht eine gedankliche Trennung zwischen den Fähigkeiten der Kinder. Den „Großen“ wird die meiste Kompetenz zugesprochen. Kompetenzen der Jüngeren fallen nicht so auf und gehen unter. Grund ist, dass die Fähigkeiten der Jüngeren stets an den Großen gemessen wird. Kinder mit Förderbedarb bleiben häufig immer die „kleinen Handlungsunfähigen“. Durch solche Unterscheidungspraktiken entsteht eine Hierarchie – den ältesten wird am meisten Fähigkeit zugesprochen, sie dominieren, ihre Fähigkeiten sind das Anzustebende. Sie genießen die Privilegien, welche die „Unfähigeren“ nicht erhalten.
C. Ableismussensible Praxis
Besser ist es,
- den individuellen Lern- und Entwicklungsprozess des Kindes anzuerkennen und auch den anderen Kindern zu vermitteln, welche Kompetenzen das Kind hat. Hilfe annehmen soll normalisiert werden, so dass Kinder, die Hilfe „benötigen“, nicht herausstechen und als „besonders“ markiert werden.
Kinder stärken
- Anerkennen der Stärken und Fähigkeiten jedes Kindes.
- Kinder sollen lernen, sich gengenseitig zu helfen.
- Gleichzeitig möchte jedes Kind etwas allein schaffen.
- Zugehörigkeit soll jedes Kind in der Kita erleben.
- Grundhaltung: Jedes Kind ist kompetent in seinem Bereich. Fachkräfte müssen es nicht immer verstehen.
2. Was wurde lebhaft diskutiert?
Frage: Wo finden Sie Barrieren? Struktur und Praktiken überprüfen – können alle teilhaben?
- Es fehlt an Ressourcen
- Strukturellen Bedingungen
- Professionalität bei den Fachkräften
- Haltung: Team muss sich als Team verstehen
- Alle Kinder sollten alle Räume in der Kita aufsuchen dürfen und nicht nur privilegierte Kinder.
- Rahmenbedingung: Gruppenschlüssel, um kindbezogener aggieren zu können.
- Viele Dinge passieren, weil die Strukturen und Rahmenbedingungen den Handlungsspielraum eingrenzen.
- Mut, um Strukturen aufzubrechen, z.B. müssen Kinder alles zur gleichen Zeit machen? Auch das schafft Barrieren.
Referent*in: Dr. Nina-Kathrin Joyce-Finnern (sie/ihr)